Amazon.de: Knochenlese, z. Z. nur gebraucht
Amazon.de: Taschenbuch € 8,99 (Vorbestellen)
Verlag: Heyne (Neuausgabe 8. Juli 2013)
Random House Audio: Hörbuch € 20,95
Autorin: Kathy Reichs
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Taschenbuch: 384 Seiten
Verlag: Heyne Verlag (8. Juli 2013)
Übersetzer: Klaus Berr
ISBN-10: 3453435567
ISBN-13: 978-3453435568
Originaltitel: Grave Secrets
Von der Weltöffentlichkeit weitgehend vergessen, tobte
zwischen 1962-1996 in Guatemala der Bürgerkrieg. Die meisten Opfer haben die
Maya-Bauern zu beklagen. Immer wieder wurden besonders die Frauen und Kinder
vergewaltigt und abgeschlachtet. Die Überreste eines solchen Massakers
untersucht Tempe als Mitglied der Menschenrechtsorganisation FAFG (Fundación de
Antropología Forense de Guatemala) in einem kleinen Dorf. Schnell wird klar,
dass die Aktion der Regierung ein Dorn im Auge ist. Ein Attentat auf zwei
Mitglieder ihrer Gruppe hält Tempe jedoch nicht davon ab ihre Aufgabe zu
erfüllen: „Ich fühlte mich, als würde ich von einem Paralleluniversum sprechen,
in dem verfaulende Körper die Hauptrollen in einer Moralität spielen, die zu
entsetzlich für Worte ist. Kopflose Mütter. Massakrierte Kleinkinder. Eine alte
Frau, die überlebte, weil sie Bohnen zu verkaufen hatte...“
Während sie noch um die Identität der zahlreichen Opfer ringt,
bittet die örtliche Polizei sie um ihre Mithilfe. Im Faultank eines Hotels
wurden Leichenreste gefunden. Zögernd stimmt sie zu.
Als das Skelett sorgsam sortiert auf einem Laken liegt und
auf seine Reinigung wartet, macht der Untersuchungsrichter einen ungewöhnlichen
Schritt: Er kassiert die Überreste ein, bedankt sich für die Hilfe und
verbittet sich weitere Einmischung von Seiten der Amerikanerin.
Mit der Unterstützung eines Jugendfreunds von Andrew Ryan
setzt Tempe umso mehr alles daran der Wahrheit auf den Grund zu gehen.
Wie ihr Alter Ego gehört Kathy Reichs zu der kleinen Gruppe
von forensischen Anthropologen, die weltweit auf freiwilliger Basis den Opfern
von Menschenrechtsverletzungen Gesicht und Namen zurück geben. Daher ist
„Knochenlese“ das bisher persönlichste Buch aus der Reihe um Tempe Brennan. Das
Dorf Chupan Ya mag erfunden sein – die Schilderung des Grauens ist es nicht.
Und auch die politischen Verhältnisse, die immer noch die Täter von damals
schützen, sind es nicht.
Der Plot um die vier vermissten Frauen, von denen eine
möglicherweise als Pfropfen im Faultank landete, ist gewohnt spannend und mit
vielen Wendungen erzählt. Der Abstecher nach Montreal und die Einbeziehung von
Andrew Ryan in die Aufklärung ist logisch eingebaut. Beweise sichert man am
Besten auf neutralem Grund, wenn der politische Druck in Lateinamerika dies zu
verhindern versucht...
Sehr gut finde ich die vielen Aspekte der Handlung. Reichs
gelingt ein Rundumschlag zwischen der Vergangenheit Lateinamerikas über die pubertierende
Rebellion der Tochter des kanadischen Botschafters bis hin zur immer noch
aktuellen Diskussion über die Stammzellenforschung.
Gleichzeitig habe ich die verschiedenen Zonen von Guatemala
City regelrecht vor Augen gehabt. Wie im Nachwort erwähnt, hat sich Reichs
nicht auf ihre Erinnerungen verlassen, sondern hat vor Ort recherchiert. Die
Charaktere sind lebendig beschrieben und handeln in ihrer Rolle logisch.
Etwas gestört hat mich im Nachhinein, dass die Heldin sich
wieder einmal in Lebensgefahr bringt und damit die Lösung des Falls einhergeht.
Als Wissenschaftlerin sollte sich Reichs nicht immer wieder in Träume flüchten,
um die verschiedenen Handlungsstränge zusammen zu bringen. Wie wäre es mit
einer Diskussion mit ihren zwei Verehrern, die zum Kern des Falles führt?
Andere Autoren schaffen es auch ihre Helden ohne direkte Gefährdung durch einen
Fall zu bringen. Hier macht es sogar den Eindruck, als ob Reichs der Verleger
im Nacken saß. Viel zu plötzlich sind alle Fragen geklärt.
Die Verwirrung Tempes über die Anziehungskraft, die
Sergeant-Detective Bartolomé Galiano auf sie ausübt, sorgt für das erotische
Kribbeln und die nötige Prise Humor. Besonders als Ryan ebenfalls in Guatemala
City eintrifft, sprühen die Funken. Ein netter Aspekt in der Person von Andrew
Ryan: Er vertritt den Leser ohne Studienabschluss in Anthropologie, Medizin
oder Genetik. „Die Kurzfassung, bitte. Und in maximal 5 Minuten.“ Trotzdem
bleibt noch genug, was manchen Leser abschrecken könnte. Wer Angst vor
wissenschaftlichen Begriffen und Vorgehensweisen hat, ist bei Reichs sowieso
falsch beraten.
Richtig gefesselt und berührt hat mich der Subtext. Hier hat
sich Reichs einiges von ihren Erfahrungen von der Seele geschrieben. Viele der
Gefühle und Bilder bei der Ausgrabung – z.B. beim Anblick von Babyknochen –
sind zu realistisch um komplett erfunden zu sein. Angenehm tritt Tempe hinter
den Opfern und ihren Angehörigen zurück. Guatemala ist hier nur ein Beispiel
für so viele Regierungen, für die Menschenrechtsverletzungen zum alltäglichen
Geschäft gehören. Und Kathy Reichs bricht das Schweigen – leider nicht über die
Verwicklung der CIA in die Massaker.
Die „Gräbergeheimnisse“ sind auf jeden Fall das mehrfache
Lesen wert. Auch die Hörbuch-Version mit Hansi Jochmann hatte mir schon einige
schlaflose Nächte bereitet.
Wegen der Schwächen wären eigentlich 4 Sterne als Bewertung
gerecht. Der politische Subtext und das Engagement der Autorin verdient jedoch
einen Extra-Punkt. Daher komme ich auf 5 von 5 Sternen.
Rezensentin: die bessere Hälfte
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