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Sarah Reitz | ||
Kurzbeschreibung:
Nina und Tom laufen sich jahrelang immer wieder über den Weg. Doch wie das Schicksal sie zusammenbringt, so reißt es sie auch wieder auseinander.
Sarah Reitz
Leseprobe aus dem Buch "Echtzeit"
Genre: Liebesroman
Leseprobe:
Kapitel 1© Text Sarah Reitz
16. Mai 1997, Nürburgring
Total aufgekratzt hüpfte Nina in ihrem karierten Kleid und den gelben Gummistiefeln durch den Matsch. Eigentlich wollte sie jetzt mit ihren Freunden das Konzert von Supertramp verfolgen. Doch der wolkenbruchartige Regen und damit einhergehendes Gewitter machte der Gruppe einen Strich durch ihre Planung. Ein Blitzeinschlag hatte die gesamte Stromversorgung lahmgelegt, so dass das der Auftritt bis auf weiteres verschoben wurde. Eine halbe Stunde harrten die Freunde noch aus, entschlossen sich dann aber sich in ihr trockenes Zelt zurück zu ziehen. Der gesamte Zeltplatz glich einer Sumpflandschaft und die Gruppe konnte es kaum erwarten, den Biervorrat im Trockenen weiter schrumpfen zu lassen.
Nach einem halbstündlichen Fußmarsch, der immer wieder durch Gespräche mit fremden Konzertbesuchern unterbrochen wurde, erreichte Nina mit ihrem Trupp ihre provisorische Behausung für die nächsten Tage.
Es war ihr erstes ‚Rock am Ring‛ nur mit ihren Freunden. Ihre Eltern waren zwar nicht weniger musikverrückt als sie selbst, schließlich waren sie Berufsmusiker,. Ihr Vater meinte jedoch, dass er langsam vielleicht zu alt wurde, um betrunken im Matsch herum zu wanken. Außerdem sollte sie in einer Stunde endlich 18 Jahre alt werden, was sie mehr als nur freute.
Sie schnappte sich eine Dose und fläzte sich in den klapprigen Campingstuhl. Geschickt öffnete sie ihr Bier, setzte an, und erntete schadenfrohe Lacher ihrer Freunde, als ihr der eiskalte Gerstensaft unkontrolliert am Kinn runter lief. Großkotzig hielt sie ihren Mittelfinger in die Runde, Sie ließ sich ein Handtuch reichen, mit dem sie auch gleich ihre regennassen Haare ein wenig trocknete. Nach dem fruchtlosen Versuch ihre dunklen, strähnigen Haare einigermaßen zu trocknen und menschlich aussehen zu lassen, band sie sie schließlich zusammen. Dabei schweifte ihr Blick über den Zeltplatz und blieb an drei Personen hängen, die ebenfalls gerade dabei waren ihre Haare zu bändigen. Und was für Haare zwei der Dreien hatten! Nina wurde total neidisch, denn sie selbst war jetzt schon von ihrer Frisur genervt, obwohl sie ihr gerade mal über die Schulter reichte, aber beim Singen, Spielen und abrocken waren lange Haare einfach störend. Bis heute war sie nicht hinter das Geheimnis gestiegen wie James Hetfield, ihr großes Vorbild und Schwarm, das machte. Und einer dieser Typen, machte James in Sachen Frisur ernsthafte Konkurrenz. Männer mit langen Haaren gefielen ihr, warum konnte sie selbst nicht genau sagen. Noch eine ganze Weile beobachtete sie ihn, wie er die Haare zurück schwang, sich ein neues, trockenes Shirt überzog, mit seinen Kumpel scherzte… Plötzlich lachte er laut, ein tiefer, grollender Ton drang zu ihr durch und bereitete ihr eine ziemlich krasse Gänsehaut. ‚Wow!‘, dachte sie und brannte darauf zu erfahren, ob seine Stimme ebenso tief und brummend klang, wie sein herzhaftes Lachen.
»Ey Nina!« Jemand hielt ihr ihre Gitarre hin. »Der Stromanschluss ist hinüber, das heißt du wirst uns ein bisschen was spielen müssen.« Die anderen waren schon dabei Kerzen aufzustellen und jemand wühlte in der Metallbox hinter ihr nach den großen Taschenlampen.
»Das heißt ja auch, wir müssen das Bier schneller trinken, bevor es warm wird«, grinste sie und griff nach ihrem Instrument. Sie zupfte die Saiten an und stimmte sie provisorisch nach Gehör. D as sollte für den Moment genügen, um ein bisschen herum zu klimpern. Lolli, einer ihrer besten Freunde hockte sich auf eine leere Bierkiste neben sie und begann die ersten Riffe von ‚Knockin´ on heaven´s door‘ zu spielen. Sie verdrehte die Augen.
»Gott, das gehört fast genauso verboten wie ‚Stairway to heaven‘.« Sie schüttelte sich, begann dann aber ebenfalls die Akkorde zu spielen und stieg direkt mit der ersten Strophe ein.
Sie spielte eine sehr eigenwillige Version des Bob Dylan Klassikers. Immer wieder unterbrach sie sich selbst durch Gegackere, während ihre Kumpel zärtlich schmusend miteinander tanzten. Gerade als sie in die zweite Strophe einstieg, sah sie in den Augenwinkel wie jemand die interessanten langhaarigen Typen herbei winkte. Begeistert davon, dass diese die Einladung offensichtlich annahmen, konzentrierte sie sich jetzt doch darauf das Lied würdiger zu spielen und setzte zur Bridge an. Mit geschlossenen Augen bemühte sie sich jeden Ton zu treffen, schließlich wollte sie sich nicht blamieren. Erst als der letzte Ton gesungen war und Lolli die Abschlussakkorde verklingen ließ, öffnete sie ihre Lider wieder und erntete anerkennenden Applaus von den neuen Gästen.
»Ey, das war echt gut«, sagte der Interessanteste der Dreien und setzte sich direkt auf den Plastikstuhl, der ihr gegenüber stand.
»Danke«, murmelte sie und war überrascht von der leichten aufsteigenden Röte in ihrem Gesicht. Gott, das passierte ihr doch sonst nie!
»Spiel noch ein Lied, bitte.« Seine tiefe Stimme ging ihr durch und durch. Eine unübersehbare Gänsehaut überzog ihren ganzen Körper und für einige Momente war sie seltsamerweise sprachlos.
»Ist dir kalt?« Er deutete auf ihre Unterarme.
»Ähm, nein.« Schnell zog sie ihre Arme an ihren Körper und rieb fest über ihre Haut, damit dieses verrückte Prickeln endlich aufhörte.
»Also, was magst du noch was spielen? Ich würde dir gern zu hören.« Er fixierte sie mit einem Blick, der sie fast dazu brachte zu spielen, was auch immer er wollte. Doch irgendetwas ließ sie stutzen, er kam ihr bekannt vor, aber sie wusste nicht warum.
»Ich bin übrigens Tom«, stellte er sich jetzt vor und reichte ihr die Hand.
»Nina.« Sie ergriff seine Hand und durchforstete ihr Gehirn nach einem Tom mit unfassbar dunklen Augen und wahnsinnig tiefer Stimme. »Ok Tom.« Sie verwies ihre Verschämtheit in die hinterste Ecke und zeigte wieder die echte, selbstbewusste Nina. »Kannst du singen?«, fragte sie unverblümt.
Er nickte. »Jap, das ist meine Band.« Er deutete auf seine Kumpel, die bereits von den anderen weiblichen Anwesenden in Beschlag genommen wurden.
»Cool«, gab sie nur ungerührt von sich, »aber jetzt singst du mit mir.« Sie zwinkerte, ziemlich schnell hatte sie ihre alte Form wieder gefunden und begann die ersten Akkorde zu zupfen. »Kennst du den Song? ‚Ohne Dich‘?«
»Klar ‚selig‛. Hammer Band, Hammer Song. Du fängst an, dann ich und den Rest zusammen?« Er nahm noch einen Schluck aus seiner Bierdose und sah sie erwartungsvoll an. Nina nickte nur und grinste. S ie konnte es kaum noch abwarten zu erfahren, wie seine Singstimme sich anhörte. Vor lauter Aufregung kam sie aus dem Takt, als sie die ersten Akkorde schlug und Lolli stupste sie kurz an. Tom begann zu schnipsen, dann passte es und sie sang die erste Strophe. »Langeweile besäuft sich …«
Erst als sie ihren Part beendete sah sie kurz zu ihm, seine Augen funkelten in dem schwachen Licht der Taschenlampen. Wie gebannt starrte er sie an, doch er verpasste seinen Einsatz nicht. Er sang so unfassbar tief und sanft. Sie versank schier in seinem brummenden Bariton und blendete alles um sich herum aus. Vor lauter Faszination ließ sie ihn den Refrain allein singen. Jeder einzelne Ton brachte ihr Herz zum Stolpern und das Prickeln auf ihrer Haut war zurück. Auch die zweite Strophe begann er allein, doch jetzt verspürte sie den unbändigen Drang mit ihm zu singen. Sie wollte wissen, wie sich ihre Stimmen zusammen anhörten. Der erste Ton verließ ihren Mund, für einen kurzen Moment setzte die Melodie aus und Nina vernahm ein anerkennendes Zischen von Lolli, bevor er weiterspielte. Die restlichen Gespräche um sie herum verstummten nach und nach. A lles schien sich nur noch um dieses eine Lied zu drehen.
Ja, sie liebte diesen Song, sie liebte dieses Lied abgöttisch und die Band ebenso, aber das, was gerade hier passierte war einfach unbeschreiblich. Ihr Gesang harmonierte so unfassbar gut mit seiner Stimme, dass dieses Lied in eine andere Sphäre gehoben wurde. Nichts war mehr wichtig. S ie spielte ihre Akkorde wie von selbst, sang die Töne nur noch nach Gefühl. Die Melodie von Lolli war lediglich schmückendes Beiwerk. Vollends tauchte sie ein in diesen Moment, in diesen Song und in seine Stimme. Ließ sich aufsaugen von ihrem Gefühl und schwebte nur noch dahin. Dafür lebte sie, für solche Empfindungen und für diese Musik!
Ihre Blicke fixierten sich noch lange, nachdem der letzte Akkord verklungen war. Das Schweben schien gar nicht enden zu wollen. Selbst den begeisterten Applaus ihrer Freunde nahm sie kaum wahr.
»Wow!«, stieß Lolli aus. »Echt man, was immer da zwischen euch abgeht … Aber das war grad mal der Oberhammer. Wahnsinn! Wirklich krass, Alter.« Er stand auf und schlug in Toms Hand ein. Lolli war in solchen Situationen immer sehr euphorisch. E r lebte die Musik genauso, wie sie es tat und wenn jemand verstand, was hier passiert war, dann er. »Ich muss mein Aufnahmegerät suchen. Ihr beide seid echt …« Er schüttelte den Kopf und rauschte ab in sein Zelt, um sich auf die hoffnungslose Suche nach seinem Diktiergerät zu machen.
»Er hat recht«, stimmte Nina leise zu, »das war wirklich krass.«
Tom lächelte und schlürfte gespielt gelassen den letzten Schluck Bier aus seiner Dose.
»Willst du auch noch eins?«, fragte er und sie nickte nur.
Sie war immer noch vollkommen benebelt von ihrer gemeinsamen Gesangseinlage und ihn schien die Nummer auch nicht kalt gelassen zu haben. Er zeigte es zwar nicht direkt, aber seine Blicke sprachen Bände. Stumm hielt er ihr ein neues Bier hin und setzte sich auf die nun freie leere Bierkiste neben ihr. Die Dosen zischten, als sie sie öffneten, vorsichtig stießen sie an. Auch nach ihren ersten Schlucken schwiegen sie, der Song hallte noch immer nach.
»Du hast eine tolle Stimme«, bemerkte er schließlich, »ich hab sie vorhin schon gehört. Du fühlst, wenn du singst.«
Wieder schoss ihr die unberechenbare Röte ins Gesicht. »Ich kann das nur zurückgeben. Du singst wirklich toll. Ich …« Ihr fehlten die Worte, denn wieder sah er sie mit diesem unfassbaren Blick an.
Seine Augen waren so dunkel, wirkten so gefährlich und dennoch vermittelten sie Wärme und Sicherheit. Er brach ihren Blickkontakt und betrachtete jetzt ihre Gitarre.
»Wie lang spielst du schon?« Erneut nahm er einen Schluck Bier und ließ sie dabei nicht aus den Augen.
»Seit ich elf bin. Spielst du auch?«
Er zuckte mit den Schultern zur Antwort.
»Eigentlich ja, aber für die Bühne reicht es nicht, deshalb bin ich zum Singen verdonnert worden.« Er grinste schief und Nina konnte nicht anders als es zu erwidern. »Du spielst sogar blind und dafür beneide ich dich, wirklich.«
Interessiert tippte er auf einen Aufkleber auf ihrer Gitarre. »Prenzlberg?«, fragte er.
Sie nickte. »Du auch, oder?« Seinen berlinerischen Akzent hatte sie sofort erkannt, als er sich vorstellte, dass er jetzt aus dem gleichen Stadtteil kam wie sie, war natürlich ein witziger Zufall. Tatsächlich nickte er und beide grinsten sich, einer dümmlicher als der andere, an. Ein wenig verlegen strich sie sich eine verirrte Haarsträhne aus dem Gesicht. Er stutzte und sein Blick fiel auf die Narbe unter ihrem Auge. Natürlich bemerkte sie es sofort und rieb peinlich berührt mit den Fingern darüber. Sie mochte diesen Makel nicht wirklich an sich, aber er war nun mal da.
»Woher kommt diese Narbe?«, fragte er mit einem Gesichtsausdruck zwischen Staunen und Reue.
»Jemand hat mich mal mit einem Gitarrenkoffer vom Fahrrad gehauen.« Sie winkte ab. »Aber mein Paps hat ihm danach die Hölle heißgemacht.«
»Ich erinnere mich«, gestand er kleinlaut und wand sich ein wenig von ihr ab.
Nina schlug sich die Hand auf die Stirn. Daher kannte sie ihn! Er war der Junge, der sie damals unsanft von ihrem Fahrrad schubste. Ihm hatte sie diese überaus hässliche Narbe zu verdanken.
»Es tut mir wirklich leid«, murmelte er.
Unerwartet brach sie in fürchterliches Gelächter aus. Wie konnte sie ihm jetzt noch böse sein?
»Bitte, was ist so komisch?«, knurrte er sichtlich bedrückt.
»Dein Gesicht …«, giggelte sie, »das ist fast genauso gut, wie dein Ausdruck, als mein Vater dich durch unseren Hausflur gejagt hat, weil du seinem kleinen Mädchen weh getan hast.«
Jetzt stimmte auch er mit in ihr Lachen ein. »Oh ja, ich hatte wirklich Schiss vor deinem alten Herrn.«
»Sei froh, dass du nicht eine seiner Gitarren beschädigt hast, dann wärst du vermutlich nicht so glimpflich davon gekommen.« Sie verschluckte sich beinah an ihren Glucksern, doch dann brachte er sie mit einer kleinen Geste zum Schweigen.
Vorsichtig strich er mit dem Daumen über ihre Narbe. »Es tut mir wirklich leid, und ich glaube, es hilft kein bisschen, wenn ich dir jetzt sage, dass diese Narbe deinen blauen Augen einen gewissen Charme verleiht.«
»Einen gewissen Charme, ja?« Sie war krampfhaft bemüht, das unkontrollierte Prickeln in den Griff zu bekommen, doch wieder breitete sich die verräterische Gänsehaut aus.
Er nickte und sein Mund verzog sich wieder zu einer sanfteren Form seines schiefen Lächelns. Kaum merklich lehnte sie sich näher an ihn heran. Sein Daumen strich noch immer über ihre Narbe und sie ließ langsam ihre Fingerspitzen über seinen Handrücken streifen. Nur zu gern wollte sie ihn küssen, jetzt und hier.
»Happy Birthday too you … Happy Birthday …!« Die versammelte Mannschaft grölte los und unterbrach diesen kleinen, intimen Moment zwischen ihnen.
Nina sprang auf, lehnte ihre Gitarre gegen den Campingstuhl und klatschte freudig in die Hände, während ihre Freunde mit einem kleinen Marmorkuchen, frisch aus der Folienverpackung und 18 Kerzen darauf, auf sie zukamen.
»Süße 18?«, raunte ihr Tom ins Ohr. Er stand direkt neben ihr und legte sanft eine Hand auf ihren Rücken, bevor er aus voller Kehle in das Geburtstagsständchen einstimmte.
Über die Autorin:
Geboren wurde ich im Jahre 1981 am schönen Niederrhein, aufgewachsen bin ich jedoch im Ruhrgebiet. Hier lebe ich mit Mann und Kind noch immer und arbeite in einer sozialpädagogischen Einrichtung. Im Vergleich zu den Helden in meinen Geschichten ist mein Leben Gott sei Dank unspektakulärer.
Obwohl ich sehr viel Zeit in meine eigenen Romane stecke, gehört Lesen immer noch zu meinen liebsten Hobbys. In meinem Bücherregal und auf meinem eReader findet man hauptsächlich romantische Literatur in allen Facetten, von der Sookie Stackhouse - Reihe bis zu "Stolz und Vorurteil" von Jane Austen. Besonders verliebt bin ich in die Highland - Saga von Diana Gabaldon. Wer hätte nicht gern einen Jamie Fraser?
Ich könnte jetzt erzählen, dass ich schon seit meiner frühesten Kindheit schreibe, doch das wäre glatt gelogen. Ich war eine talentierte Träumerin und in meinem Kopf war ich Teil dieser erfundenen Welten. Träumen kann ich auch heute noch, aber jetzt bin ich in der Lage meine Gedanken zu strukturieren und auch für andere interessante Geschichten zu formen.
(Quelle und weitere Bücher der Autorin: Amazon.de)
Gewinnspiel:
Frage: In welchem Jahr wurde Nina geboren?
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Die richtige Antwort schickt ihr bitte an adventsgewinnspiel2013@gmx.de (Betreff: 32. Türchen 20.12.2013)Einsendeschluss ist um Mitternacht.
Der oder die Gewinner/in wird morgen ermittelt und von uns per Email benachrichtigt.
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