Donnerstag, 12. Dezember 2013

Adventsgewinnspiel 2013, Türchen 24

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Máire Brüning





Kurzbeschreibung:

Die junge Adelige Roana setzt sich über alle Regeln der mittelalterlichen Gesellschaft hinweg, um ihren verschollenen Onkel zu retten und gerät dabei in einen Strudel aus Intrigen und Eifersucht, der ihr beinahe zum Verhängnis wird.

Máire Brüning


Leseprobe aus dem Buch "Roana"

Genre: historischer Liebesroman


Leseprobe:
Plötzlich sprangen die Soldaten in einer fast perfekt aufeinander abgestimmten Bewegung nach vorne. Rafael wurde klar, dass sie diese Art des gemeinsamen Angriffs lange trainiert hatten; eine Technik, die alles andere als ritterlich, aber dafür umso wirkungsvoller war. Selbst der beste Kämpfer war kaum in der Lage, drei Attacken abzuwehren, die gleichzeitig aus drei verschiedenen Richtungen ausgeführt wurden. Rafael versuchte es gar nicht erst. Sein Schwert sirrte mit einer fließenden Bewegung aus seiner Ruhestellung, die zugleich ein Angriff war, und verharrte einen halben Herzschlag reglos an seinem weit vorgestreckten Arm.

Die Klinge war so schnell durch Leder und Fleisch geglitten, dass an dem rasiermesserscharfen Stahl nicht einmal ein Tropfen Blut zurückgeblieben war. Der Soldat war bereits tot, nur sein Körper schien das noch nicht bemerkt zu haben. Er torkelte mit vorgestrecktem Schwert weiter auf Rafael zu, während seine Lederrüstung auseinanderklaffte und den Blick auf seine Brust freigab, auf der eine dünne, wie mit einer feinen Feder gezogene Linie zu sehen war.

Dann war Rafael unter dem Kämpfenden, ein Akrobat zwischen ungelenken Tölpeln, eine Schlange unter Schildkröten, ein effizienter Killer zwischen panisch herumhackenden Soldaten. Was er tat, sah wie eine Abfolge von Drehungen und Pirouetten aus, von Verneigungen und Sprüngen, ein Tanz, der ihn innerhalb weniger Herzschläge vom Rand des Kampfplatzes ins Zentrum des Geschehens brachte, wo die meisten Soldaten von seinem Auftauchen völlig überrascht wurden.

Rafael verschmolz mit seinem Schwert; er bemühte sich nicht, seinen Körper zu bewegen, sondern wurde selbst zu einer einzigen rasend schnellen, fließenden Bewegung. Sein Schwert zerteilte die Luft mit dem Geräusch von zerreißender Seide. Ein weiterer Soldat stellte sich Rafael entgegen – und er war schnell; doch im Vergleich zu Rafael war seine Reaktion geradezu lächerlich langsam; die Klinge sauste heran und enthauptete den Mann mit einem Schlag.

Rafael gönnte sich keine Atempause. Sein Schwert eilte wie von selbst seiner Bewegung voraus; die Waffe vollführte eine tänzelnde Welle und zischte plötzlich von unten nach oben durch die Luft. Wie gewünscht, traf sie auf Widerstand.

Der Soldat, der sich von hinten an Peire herangemacht hatte, starrte verständnislos an sich herab und sank langsam in die Knie.

Hinter Rafael schrie eine Frau, ein hoher, gequälter Laut, der ihn entgeistert herumfahren ließ. Schrecken durchzuckte ihn und explodierte zu nackter Panik, beim Anblick seines verhassten Vaters, der Roana in seinen Armen hielt, wie einen Schutzschild, während ein blitzender Dolch reglos einen halben Zoll vor ihre Kehle verharrte.

»Du hast dir mächtig Zeit gelassen, mein Sohn«, sagte Lucca und ein spöttisches Lächeln umspielte seinen Mund. „Aber besonders zuverlässig warst du ja noch nie.«

»Lass sie los.«

»Forderungen, mein Junge? Du willst nicht wirklich ihren Tod, oder?«, fragte Lucca.  Mit dem linken Arm hatte er Roanas Hals umschlungen und drückte ihr die Luft ab. Rafael sah, dass Roana schreien wollte, aber stattdessen verzweifelt um Atem rang. In den Augen des Mönches erschien ein kaltes, boshaftes Glitzern. Er schenkte weder Rafaels grimmiger Miene noch seinen Worten auch nur die geringste Beachtung.

Der Kampf war inzwischen zum Stillstand gekommen. Lorenzos Soldaten hatten Peire überwältigt und sahen dem weiteren Geschehen mit morbider Neugier zu, aber das würde nicht lange so bleiben. Rafaels Gedanken rasten wie wild.

»Was willst du für die Frau?«, fragte er.

»Dich, mein lieber Sohn«, sagte Lucca kalt. »Du wirst dich von meinen Männern widerstandslos fesseln lassen. Dann lasse ich deinen Diener vielleicht am Leben. Und das Weib vielleicht auch, wenn es denn sein muss.«

 Etwas in Rafael schrie auf, wütend, in schierer Raserei von Gier und Enttäuschung, dieses Monster in Menschengestalt nicht töten zu können, aber irgendwie gelang es ihm, ruhig stehen zu bleiben.

 »Lass die Frau los«, befahl er noch einmal.

Lucca lachte höhnisch. Statt Roana freizugeben, drückte er mit dem Arm brutal ihren Kopf nach hinten, die andere Hand hielt einen Dolch, dessen Schneide er so fest gegen Roanas Kehle drückte, dass bereits ein erster Blutstropfen zu sehen war.

»Lucca!« Rafaels Stimme war nur noch einen Deut davon entfernt, zu einem Schrei zu werden. »Lass sie los! Sofort!«

Lucca reagierte nicht, sondern starrte Rafael nur mit einem Hass an, den dieser nicht verstand. Der Dolch in seiner Hand bewegte sich, und fügte Roana einen zweiten, heftiger blutenden Schnitt am Hals zu. Seltsamerweise jedoch zuckte sie weder mit einer Wimper, noch kam der mindeste Schmerzenslaut über ihre Lippen. Ihr Blick blieb auf eine schreckliche Art leer.

»Ich will sehen, dass du Roana freilässt«, sagte Rafael. »Vorher bekommst du mich nicht.«

 Lucca lachte. »Hört, hört«, spöttelte er.

»Du verdammter Feigling!« Nael drängte die Soldaten rücksichtslos beiseite, die ihn mit gezückten Waffen in Schach gehalten hatten, und trat einen Schritt auf Lucca zu. »Sei einmal ein Mann und vergreif dich an einem Gegner, der sich zu wehren vermag.«

Luccas Kopf fuhr zu ihm herum. »Herrgott noch mal, Nael! Du kannst dir nicht vorstellen, wie satt ich es habe, mir dein selbstgerechtes Gefasel von Ehre anzuhören. Entweder, du gehst jetzt hinüber und befreist deinen Herrn Bruder von seinem Schwert oder die Frau ist ein Leichnam. Entscheide dich.«

Rafaels Blick flog zu Nael hinüber. Aus seiner Kehle kam ein Laut, der mehr einem tierischen Knurren, als menschlichen Worten glich. Plötzlich fielen die fehlenden Teile des Bildes an ihren Platz und offenbarten einen Verrat von ungeheuerlichem Ausmaß.

Auch Nael war blass geworden, aber das bemerkte Rafael nicht, er war meilenweit von sich selbst entfernt; er empfand nichts weiter als die Gewissheit, dass er nicht nur zum Vater- sondern auch zum Brudermörder werden würde.

»Das Schwert, Nael«, erinnerte Lucca. Der Medicus bewegte sich vorwärts, langsam und unbeholfen, wie eine Marionette in der Hand eines schlechten Spielers. Er ging zu Rafael hinüber und streckte die Hand aus.

»Ich wusste nichts davon…es tut mir leid, «, flüsterte er hastig. »Ich  werde versuchen, ihn abzulenken.«

Er nahm Rafaels Waffe an sich, kehrte auf seinen Platz zurück und stieß das Schwert neben sich in den Boden. »Jetzt lass die Frau los«, verlangte er.

Für einen entsetzlich langen Moment reagierte Lucca nicht, sondern starrte Nael nur an. Endlich ließ er den Dolch sinken. Gleichzeitig versetzte er Roana einen Stoß, der diese nach vorn taumeln und unmittelbar vor Nael auf die Knie fallen ließ. Auf einen Wink Luccas setzten sich Lorenzos Soldaten zögernd in Bewegung.

Nael wollte Roana aufhelfen, aber sie zitterte so sehr, dass er das Unterfangen schnell aufgab und einfach einen Schritt über ihren Körper hinweg machte.

»Stehen bleiben!«, befahl Nael den Soldaten. Und wenngleich auch der gequälte Ausdruck in seinem Blick etwas Anderes anzudeuten schien, klang seine Stimme hart und unnachgiebig.

»Was soll das, Nael?«, fragte Lucca belustigt. »Du hast die Frau, also gib dich zufrieden und sei still.«

»Du hast mich benutzt«, sagte Nael ernst. »Wieder einmal. Ist das dein Verständnis von ausgleichender Gerechtigkeit, dass du mich jetzt zwingst zuzusehen, wie du meinen Bruder tötest?«

»Jeder wählt seinen eigenen Weg. Du hättest nie von Rafael erfahren, wärst du nicht so dumm gewesen, ihn nach seiner Verletzung wieder zusammenzuflicken. Ohne dich wäre er einfach gestorben. So aber -« Er zuckte die Schultern. »Ein Fehler, den ich nicht ungestraft lassen konnte.«

Nael gab keine Antwort mehr. Wie geschlagen senkte er die Lider und sah zu Boden.

Rafael beobachtet ihn gespannt.

»Du schweigst, als hättest du endlich begriffen«, sagte Lucca. »Ich kann nur hoffen, dass es so ist. Es wäre mir furchtbar, wenn du ohne das nötige Wissen in den Tod gehen müsstest.«

 Naels Kopf ruckte hoch, während er schon herumwirbelte, Rafaels Damaszenerklinge ergriff und sie aus der Drehung heraus seinem Bruder zuwarf. Mit der gleichen fließenden Bewegung entriss er einem der Soldaten die Waffe und griff an.

Für einen Mann seiner Größe bewegte Lucca sich unglaublich schnell. Weder versuchte er Nael mit einer ausgefeilten Technik oder geschickten Finten abzuwehren, sondern er setzte einfach auf seine Kraft und seinen massigen Körper – gepaart mit seiner unerwarteten Schnelligkeit eine nahezu tödliche Mischung.

Nael blieb gar keine andere Wahl, als sich mit einem hastigen Satz in Sicherheit zu bringen und mehr schlecht als recht den wuchtigen Schwerthieb zu parieren, mit dem Lucca diese erste Attacke begleitet – allerdings um den Preis, dass er aus dem Gleichgewicht geriet und sich nur durch einen instinktiven Ausfallschritt vor dem Sturz bewahren konnte. Diese Blöße nutzte Lucca aus. Sein Schwert prallte dicht über der Parierstange gegen Naels Schwert und riss dessen Arm in die Höhe; im selben Atemzug schmetterte er ihm die geballte Faust ins Gesicht. Nael taumelte zurück, spie Blut und war für die Dauer eines Herzschlags so gut wie blind. Dennoch gelang es ihm, Luccas nächsten Hieb gerade noch abzublocken – aber der Fußtritt, den ihm sein Vater nun versetzte, fegte ihm die Beine weg. Nael schlug schwer auf dem Boden auf und rollte sich mit letzter Anstrengung zur Seite; dann spürte er einen brennenden Schmerz, den Lucca hatte ihm nachgesetzt und ihm mit einem weiteren Hieb eine tiefe Fleischwunde quer über der Brust zugefügt.

Aus den Augenwinkeln sah Rafael, wie Nael stürzte. Sein nächster Hieb machte kurzen Prozess mit dem Soldaten, der ihn attackierte, dann wirbelte er mitten in der Bewegung zu Lucca herum.

Sein Vater hob die Waffe, salutierte spöttisch und deckte Rafael im nächsten Augenblick mit einem wilden Hagel von Hieben ein.

Rafael wusste, dass er der brutalen Kraft seines Vaters wenig ent-gegenzusetzen hatte; statt sich ihm entgegenzustellen, duckte er sich unter einem Hieb von Luccas Schwert hindurch, neigte sich beiseite, als die Klinge mit einer Rückhandbewegung wieder auf ihn zuzuckte, drehte sich einmal um sich selbst und war wieder außer Reichweite, als das Schwert senkrecht auf ihn hinunterschlug. Auf Luccas Gesicht erschien ein siegessicheres Lächeln. »Du bist gut, Junge«, keuchte  er mit leicht zitternder Stimme. »Aber nun ist es genug. Ich habe keine Zeit mehr mich noch länger mit dir zu beschäftigen. Bereite dich darauf vor, zu sterben.«

Und er griff mit der Gewalt eines wütenden Stieres erneut an.

Rafael kam seinem Angriff um einen Herzschlag zuvor, indem er sich geschickt fallen ließ, seinen Fuß hinter Luccas Standbein hakte und ihn mit einem Ruck aus dem Gleichgewicht brachte. Lucca schoss wild mit den Armen rudernd an ihm vorbei, sodass Rafael längst wieder auf den Beinen stand, als Lucca auf ihn einhieb, ihn aber um Haaresbreite verfehlte. Im selben Atemzug holte Rafael aus und überzog seinen Vater mit einer Serie unglaublich schneller, dabei aber äußerst präzise geführter Hiebe. Und als Luccas Schwert das nächste Mal herabsauste, parierte Rafael den Hieb auf eine Art, die ihn fast seine ganze verbliebene Kraft kostete; nichtsdestotrotz wirkte diese Parade beinahe spielerisch. Rafael lachte laut. »Weißt du was, Lucca? Im Gegensatz zu mir bist du nicht gut. Nur groß und stark und alt. Zu alt. Aber nicht wirklich gut.«

Lucca antwortete nicht, aber seine Lippen verzogen sich zu einem schmalen, blutleeren Strich, und in seinen Augen loderte pure Mordlust auf. Er schlug mit solcher Gewalt zu, dass dieser Hieb Rafael bei einem Treffer vermutlich in zwei Teile gespalten hätte. Doch der Bedrängte wich im letzten Augenblick zur Seite und schraubte sich mit einer tänzelnden Bewegung um seinen Vater herum. Anstatt Lucca zu verletzen, was er in dieser Situation gekonnt hätte, trat er ihm mit der ganzen, ihm zur Verfügung stehenden Kraft in den Hintern und lachte ihm ins Gesicht, als Lucca mit einem zornigen Knurren wieder zu ihm herumfuhr.

Die Kämpfer waren so aufeinander konzentriert, dass niemand bemerkte, wie Roana zu einem der gefallenen Soldaten kroch. Sie griff nach dem Schwert des Mannes und stemmte sich auf die Klinge gestützt, schwerfällig auf die Beine. Sie schwankte von einer Seite auf die anderen, und ihre Knie vermochten kaum das Gewicht ihres Körpers zu tragen. Trotzdem tat sie den ersten Schritt vorwärts. Dann einen Zweiten. Und setzte sich taumelnd in Bewegung.

Rafael parierte einen weiteren Hieb und verletzte seinen Vater dabei an der Hand. Lucca grunzte wütend, riss sein Schwert in die Höhe und stürmte mit der Unaufhaltsamkeit einer Naturgewalt auf Rafael zu.

Bevor dieser jedoch reagieren konnte, taumelte Roana vor, ließ sich auf die Knie fallen, packte ihr Schwert mit beiden Händen und riss die Klinge schräg nach oben, während sie sich gleichzeitig zur Seite wegdrehte. Der rasiermesserscharfe Stahl drang durch Luccas Körper und trat auf halber Höhe des Rückens wieder heraus. Der Mönch erstarrte. Über seine Lippen kam ein seufzender Laut. Seine Finger öffneten sich, das Schwert fiel zu Boden. Ganz langsam sank er vor Roana auf die Knie.

Roana hielt den Griff ihrer Waffe noch immer mit beiden Händen umklammert. Die Klinge bewegte sich weiter und richtete unvorstell-bare Verheerungen in Luccas Körper an. Blut lief über seine Lippen, er keuchte vor Schmerz, seine Augen waren trüb und er zitterte am ganzen Leib.

Rafael beugte sich über Roana, löste ihre Finger vom Schwertgriff, dann sprang er auf und riss das Schwert mit einem Ruck aus Luccas Körper. Lucca blieb noch für die Dauer eines einzelnen, trotzigen Herzschlages reglos und aufrecht auf den Knien hocken, dann fiel er langsam nach vorne und schlug mit einem gedämpften Geräusch auf dem Waldboden auf.
© Text Máire Brüning


Über die Autorin:

Máire Brüning wurde 1966 geboren und wuchs in einer Region auf, die reich ist an Zeugnissen staufischer Baukunst.
Dadurch entwickelte sie schon sehr früh ein großes Interesse für mittelalterliche Geschichte und sie verschlang Unmengen von Büchern zum Thema. Besonders die Geschichten und Sagen ihrer Heimatregion hatten es ihr angetan und so entstand die Idee, selbst eine Geschichte zu schreiben.
Inzwischen verbringt sie jede freie Minute schreibend vor dem Computer, die unverzichtbare Tasse Kaffee immer griffbereit.
Nach einigen Wanderjahren quer durch Deutschland lebt und arbeitet sie in der Nähe von Frankfurt.
"Roana" ist ihr erster historischer Liebesroman.
Weitere Bände sind in Vorbereitung.

(Quelle und weitere Bücher der Autorin: Amazon.de)


Gewinnspiel:

Frage: In welchem Verhältnis stehen Rafael, Nael und Lucca zueinander?

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Die richtige Antwort schickt ihr bitte an adventsgewinnspiel2013@gmx.de (Betreff: 24. Türchen 12.12.2013)

Einsendeschluss ist um Mitternacht.

Der oder die Gewinner/in wird morgen ermittelt und von uns per Email benachrichtigt.

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