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Geschichten so bunt wie die Besucher des Festivals
Die Anthologie vereint Autorinnen und Autoren, die seit dem ersten Literaturzelt 2017 auf dem Festival Mediaval gelesen haben. Ihre Geschichten sind so vielfältig, wie ihr Publikum und entführen uns in eine andere Welt, die jedes Jahr drei Tage lang in Selb zum Leben erwacht.
Ursprünglich wurde ich auf die Anthologie aufmerksam durch einen Twitch-Stream von Tommy Krappweis. So war seine Geschichte auch die erste, die ich gelesen habe. Sie erinnerte mich an den einen oder anderen eigenen Besuch am Hanffladenstand. Auch wenn ich selbst noch nicht auf dem Festival war, durfte ich doch auf anderen Märkten ins Mittelalter eintauchen und kann so die Seite der Besucher sehr gut nachvollziehen.
Die Geschichten insgesamt haben mal mehr, mal weniger mit dem Festivalalltag zu tun. Mal besteht der Kontaktpunkt nur darin, dass Autor*innen dort gelesen haben, mal sind sie Ausgangspunkt für eigene Geschichten und wird der Alltag auf dem Festival beschrieben. Je mehr die Geschichten mit dem Festival zu tun haben, desto mehr haben sie mir auch gefallen. Die Geschichten ohne Bezug sind auch gut, hätten aber auch in anderen Kurzgeschichtensammlungen landen können.
Dies ist aber auch schon mein einziger Kritikpunkt. Alle Geschichten lassen sich hervorragend lesen, regen zum Nachdenken, Erinnern an eigene Erlebnisse, Schmunzeln und Mitfühlen ein. Es ist spannend, wie viele Autoren sich doch schon unter dem Dach des Literaturzeltes versammelt haben und wie sehr sich der eine oder andere über Regen während ihrer Vorlesung gefreut hat.
Eine Empfehlung für Fans der Autor*innen, für Liebhaber*innen des Festival Mediaval und für jede und jeden, der gerne seine und ihre Phantasie spielen lässt.
Meine Eindrücke zu den einzelnen Geschichten:
Festivalzauber von Nils Krebber (FB)
„Ohne das Band kommst du nicht mehr hinaus!“ Vielleicht will man das ja auch gar nicht. - Eine super Einstimmung auf die Festivalstimmung und die Anthologie.
Dem Festival wird nach genauer Prüfung der göttliche Segen erteilt und dann taucht noch ein Artefakt mit großer Macht auf. - Ein spannender göttlicher Blick auf die Opfergaben auf dem Gelände und Odins Segen in flüssiger Form.
Tanz auf dem Balkon von Billie Przegenda
Ein syrischer Flüchtling wird zum Festival eingeladen, genießt die Stimmung und wird von einer Redakteurin beim Tanz auf dem Balkon beobachtet. - Hervorragende Geschichte über das, was das Festival bei Menschen bewirken kann, die bisher keinen Kontakt zu ihm hatten.
Schwurbel I. – König aller Reptiloiden von Stefanus Rex (FB)
Ein Taxifahrt mit einem Fahrer, der Dudelsäcke für Werkzeuge des Bösen hält. - Ziemlich unheimlich und ein guter Grund, lieber nicht in Selb Taxi zu fahren. Zum Glück hat Stefanus Rex den Rat ignoriert, dem Dudelsack und Smartphones zu entsagen.
Der Duft der Wahrheit von Robert Corvus & Bernhard Hennen
Ein Skaldenwettstreit bei dem sich herausstellt, dass der gefeierte Held eher nicht ganz so ehrbar ist. Eine Heldengeschichte, dessen wahrer Kern zu Tage kommt und eine Menschenmenge, die von Musik und Vortrag mitgerissen wird. - Ein etwas anderer Beitrag mit einer tollen Skaldengeschichte.
Die Verfluchten vom Goldberg von Jörg Olbrich (FB)
Alle 10 Jahre haben die drei Verfluchten Zeit, eine weiße Zauberin zu finden. Diesmal landen sie inmitten des Festivals und alles ist neu und voller Teufelswerk für sie. - Eine schöne Geschichte voller Unmachten und leckerem Met.
Die andere Seite der Idylle von Teresa Hofmann
Ein Lager, das sich nur einmal im Jahr trifft, ein Neuzugang, die Band Satyrika und ihre Flötistin Adrastea und die Folgen eines abendlichen Besuchs. - Ein tolles Lager mit einem einzigartigen Erlebnis. Musik kann schon eine besondere Wirkung auf die Menschen haben. Schön gruselig.
Das Mädchen und der Drache von J. Praßl
Teri Vech ist ein alter Drache, der gerne Zwietracht und Unheil unter die Menschen bringt scheitert an seiner eigenen Eitelkeit. - Eine drachenstarke Geschichte mit überraschender Wendung.
Ein Autor stirbt bei einer Festivallesung und scheint mit seinem Tod gerechnet zu haben. Sein Testament gibt genaue Anweisungen, wie verfahren werden soll, doch ein Polizist setzt sich darüber hinweg und tritt dadurch vielleicht seine Nachfolge an. - Eine besondere Geschichte, nicht nur wegen des Inhalts, sondern auch durch die Erzählweise, sehr zu empfehlen.
Ein Interview mit Kaiser Karl dem Großen, das kriegt auch nur das Festival Mediaval zusammen. - Klasse Idee.
Eine kurze ritterliche Rittergeschichte, faszinierend und zum Nachdenken.
Professor Weissinger und Mara stehen an der Hanftaschnerey an und geraten in ein Gespräch mit einem nicht ganz historisch korrekten Wikinger. - Meine bisherige Lieblingsgeschichte, da ich mich selbst auch schon das eine oder andere Mal in so einer Schlange wiedergefunden habe, allerdings lieber ohne Knobi. Und A-Päpste haben auf so einer Veranstaltung wirklich nicht viel zu suchen. Lasst die Menschen machen, was ihnen Spaß bringt.
Gustav K. und die Invasion der Dämonenpiraten Karsten Heilmann (FB)
Böse Mächte wollen das Grau verbreiten und suchen sich dafür gerade das Festival aus. Zum Glück gibt es Widerstand, der sich sehr bunt zur Wehr setzt. - Eine tolle Geschichte mit ein bisschen TOD, spitzen Ohren und einem durchschlafenem Festivaltag.
Die Krähe Vrana wird von ihrem Schwarm ausgestoßen und fliegt ziellos herum, bis sie auf dem Festival landet. Sie ist ausgehungert und hat Angst vor Greifvögeln in der Nacht, weshalb sie sich versteckt und am nächsten morgen von einer Verkäuferin entdeckt wird. - Eine hervorragende Geschichte aus Krähensicht.
Ein Mord, „Des Sängers Fluch“, en König und eine Sängerin, die dem historischen Fall auf dem Festival auf die Spur kommt. - Eine verfluchte Zeitreise, die mir sehr gut gefallen hat. Es mag auch daran liegen, dass ich alle erwähnten Bands liebe.
Zwei Vampire machen einen Abstecher zum Festival und einer begegnet einer totkranken Frau und lässt seinen vampirischen Kräften freien Lauf. - Vampire, die mir gut bekannt sind in einer neuen Geschichte wiederzuentdecken, ist klasse. Und die verbreitete Hoffnung noch viel mehr. Klasse!
Ein Motorradunfall, bei dem ein Zwilling stirbt und der andere ein Jahr später das Festival besucht und kosmische Würfel nutzt, um Kontakt mit der Toten aufzunehmen. - Eine tolle Geschichte um Trauer und ums Ungeschehen machen, das nicht ganz so klappen will.
Anjuli und die Schnabelwesen von Anja Härtel
Anjulis Weg zur Heilerin. - Eine kurze Geschichte, die mir gut gefallen hat. Man braucht halt keine Angst vor Schnabelwesen haben.
Eine Zeitmaschine versetzt Jennyfea in die Zukunft aufs Festival, ihr gelingt die Rückkehr in ihre Zeit, nur um dann wieder den Sprung ins Jahr 2025 zu wagen. - Tolle Geschichte mit jemandem, der sich aus einer anderen Zeit trotzdem auf dem Festival zurechtfinden kann.
J. J. O’Donoghues Trip nach Bayern von Helmut Gotschy (Web)
Ein Ire schließt sich einer Band an, um nach Bayern zu kommen, doch statt Lederhosen, Dirndl und Bergen landet er auf dem Festival. Er beginnt zu dichten und genießt die Seltsamkeiten, nur um letztendlich festzustellen, dass ihm dieses Bayern nicht so zusagt. - Ein gelungener irischer Blick auf das Festival, seine Eigenheiten und die fremde Welt, die sich einem eröffnet.
Ein Beziehungstipp auf dem Festival führt zu drei tollen Jahren und einer blitzblank sauberen Bodenplatte. - Eine tolle Geschichte um Beziehungen mit Altersunterschied.
Die Götter halten Rat, ob die Menschen so weitermachen dürfen, nachdem sie sich in den letzten Jahren stark verändert haben. Zum Glück gibt es eine entscheidende Stimme, die uns hoffentlich wohlgesonnen ist. - Super erzählt, nur irgendwie sollten die Besucher des Festivals langsam mal genauer hinschauen, was sich bei ihnen so alles herumtreibt.
Goldene Pilz sprießen in der Nähe des Literaturzeltes und versetzten mit ihren Sporen die Festivalbesucher in Tanzstimmung. - Eine pilzige Geschichte mit viel guter Stimmung.
Back to the Roots von Amandara M. Schulzke
Flek na Tar vom Planeten Luyten ist zwecks Erstkontakts auf die Erde gekommen und hat sich das Festivalgelände dafür ausgesucht. Obwohl er sich nicht gerade geschickt anstellt, findet er jemand, der sich um ihn kümmert, bis die Security nach seinem Teilnehmerbändchen fragt… - „Knobibrot färbt Wangen rot“, sogar außerirdische. Eine sehr gelungene Geschichte bei dem man nebenbei einige Festivalbereiche erkundet. Und selbst futuristisch Gekleidete werden nicht sofort vom Festivalgelände gebannt.
Bäume von Kevin Schmidt
Auf dem Gelände des Festival Mediaval siedeln sich alle Arten Bäume an und das Gelände wächst nicht nachvollziehbar in Größe und Höhe. Ein Zusammenhang zum Ableben von Musikern scheint es zu geben und der Wald wächst und wächst. - Eine waldige Zukunft ausgelöst durch Musiker des Festivals, interessant.
Über die Herausgeberin:
(Quelle: Acabus Verlag)
Kurzbeschreibung:
Kämpft mit uns gegen die grauen Herren und Aluhutträger! Haltet die Banner hoch für Jubel, Trubel, Heiterkeit! Auf dass der Goldberg in Selb an jedem zweiten Septemberwochenende erbeben möge! Dudelsäcke, Trommeln, epische Gesänge und feiner Harfenklang ertönen. Kunterbunt, international und familiär lustwandeln tausende Fans und Mitstreiter auf dem größten europäischen Mittelalterkulturfestival: dem Festival-Mediaval. Unsere Schriftkundigen trafen Zeitreisende, Räuber, feige Wikinger, Walküren, Drachen und Dämonen. Sie erzählen ihre Geschichten vom Überleben der Phantasie, von der Liebe des Anfangs und des Endes und von allem dazwischen.Weitere Bücher der Herausgeberin bei Amazon.de.
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